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Geschichte von Taura

Zur Entstehung des Ortsnamens

Über den Namen des Ortes Taura und dessen Herkunft gibt es vielfältige Anschauungen. Taura wird volkstümlich Tauer genannt. Die älteste bisher aufgefundene Form stammt aus dem Jahre 1378 und lautet Turowe. Nach Gutachten sachverständiger Sprachforscher ist der Name ein Adjektiv von dem slawischen "tur". Dieser Begriff bedeutet Ur oder Auerochs. Da zu dem Adjektiv ein Substantiv gehört, müsste -feld, -stadt, -wald ergänzt werden. Der Name Taura lautet dann etwa Auerswald. Eine weitere Deutung leitet das Wort von dem sorbenwendischen t`hora, was soviel wie Berg bedeutet, ab. Unwahrscheinlich ist die Ableitung vom Gotte Thor, dem man einst auf dem Taurastein Opfer dargebracht habe.

 

Die erste Version wird wohl die wahrscheinlichste sein. Urkundlich war die erste Schreibweise unseres Ortsnamens "Turowe" (1378). 1449 wurde der Ort als "Turaw" erwähnt. In alten Urkunden findet man ab 1462 den Namen "Thaura", wobei das "h" in den darauffolgenden Jahren verlorengegangen ist.

 


 

Von der Gründung bis ins 19. Jahrhundert

Obwohl das Gebiet um Taura urkundlich bereits 892 erwähnt wurde, ist eine Urkunde über die Gründung des Ortes selbst leider nicht mehr vorhanden. Wahrscheinlich ging diese in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges verloren. Deshalb lässt sich auch der Zeitpunkt der Gründung nur annähernd durch einen entsprechenden Vergleich feststellen. Dieser mühevollen Arbeit hat sich Arthur Beil in seinen Beiträgen zur Geschichte Tauras 1913 unterzogen. Nachfolgend ein gekürzter Auszug aus den Ergebnissen seiner Arbeit:

 

Trotzdem der Ortsname wendischen Ursprungs ist, hat sich weder in Erdfunden noch in der Flurverteilung das frühere Vorhandensein von Wenden feststellen lassen. War eine sorbische Siedlung wirklich der Ausgangspunkt, so kann dies nur ein Weiler von wenigen Hütten gewesen sein. Somit ist anzunehmen, dass Taura in Verbindung mit der Entstehung des Klosters Zschillen, dem heutigen Wechselburg, gegründet wurde. Die Klöster Chemnitz sowie Zschillen waren 1136 und 1168 entstanden. 1144 wurde Kloster Remse bezogen. Diesen Gründungen folgten die Ansiedlungen in dem Klosterbesitz zur besseren Ausnutzung des Bodens und zur Erhöhung der Klostereinkünfte. Zu diesem Zweck zog man aus den reichbevölkerten Gegenden Westdeutschlands Siedlungslustige herbei. So waren zum Beispiel nach einer Untersuchung von Seidel aus dem Jahre 1906 die Einwanderer um Limbach Rheinfranken. Ebenso ergibt sich aus den die Stiftung des Klosters Zschillen begleitenden Urkunden, dass der dem Kloster zufallende Besitz (östlich unserer Ortsflur) im Jahre 1168 noch unbebaut lag.

 

Die heutigen Ortsnamen lassen erkennen, dass es Franken waren, die den Neubruch vornahmen. Auch unsere Flur wurde höchstwahrscheinlich in dieser Zeit der Kolonialisierung Ende des 12. Jahrhunderts von Franken besiedelt. Um das Jahr 1220 wird als Grundherr ein Herr von Rochsberg genannt, der die zwischen den Klostergebieten Zschillen und Chemnitz liegenden Flächen besaß.

 

Sein Erbe wurde der Burggraf von Altenburg. 1323 fiel nach der kaiserlichen Zustimmung und nach der Vermählung mit der Burggräfin Elisabeth von Altenburg – der letzten derer von Altenburg – unser Gebiet an die Feudalherrschaft Penig.

 

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich Taura zu einem großen Waldhufendorf mit eigener Kirche und Schule. Dabei erfuhr der Ort im Dreißigjährige Krieg einen furchtbaren Niedergang. So brannten im Jahre 1632 fliehende Wallensteinische Söldner den Ort nieder. 24 Güter und 11 Häuser wurden durch die Feuersbrunst vollständig vernichtet Am Ende des Krieges waren die Einwohner bis auf die Bewohner von fünf Feuerstätten umgekommen oder gestorben. Hunderte Jahre dauerte es, bis das Dorf die Einwohnerzahl wieder erreichte, die es vor dem Dreißigjährigen Krieg aufwies.

 

Auch in den Folgejahren kamen die Bürger nicht zur Ruhe. 1706 ließ Karl XII. Einen Teil seines Heeres, das ostgotische Infanterieregiment, in dem Ort zur Erholung und Verpflegung einquartieren, was die Einwohner viele Opfer kostete. Stark belasteten die Schlesischen Kriege, darunter besonders der Siebenjährige Krieg (1767 - 73), die Einwohner unseres Ortes. 1772 forderten Misswachstum und Teuerung 91 Opfer. Zum Vergleich: im Jahresdurchschnitt starben damals 30 Tauraer.

 

Große Aufregung brachte dem Ort der berühmte Bauernaufstand unter der Führung des ortsansässigen Johann Gottfried Lindner im Jahre 1790. Der Aufstand wurde niedergeschlagen und Lindner ins Zuchthaus nach Torgau eingeliefert. Später entlassen, zog er aus Taura weg. Sein Gehöft wurde mit Thalmanns Gut vereinigt. Die Wirtschaftsgebäude Lindners verfielen und wurden abgetragen.

 

Auch das 19. Jahrhundert ließ Taura nicht in Ruhe. Sachsen, vereint mit Preußen, unterlag am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstädt der Macht Napoleons. Die danach zu zahlenden Kriegskontributionen wurden auch auf Taura verteilt. Manch Einwohner musste sich in die Heeresmacht Napoleons einreihen, da Sachsen sich nach der Jenaer Niederlage mit ihm verbündete. 1813 wurde der Ort erneut mit den Kriegswirren konfrontiert. Schon Ende März kündeten Kosakenschwärme vom Herannahen der Verbündeten. Ende 1813 forderte ein Teil der Armee, die gegen Napoleon kämpfen sollte, in Taura Verpflegung. Nach der Niederlage bei Lützen am 2. Mai flutete das Heer zurück - gefolgt von den Franzosen, die sich erneut als Herren aufspielten. Doch schon im September rückten die Verbündeten mit Gewalt in Richtung Leipzig vor, um in der denkwürdigen Völkerschlacht bei Leipzig Napoleon zu schlagen. Dabei wurde auch unser Ort von den Verbündeten, in erster Linie Russen, heimgesucht und geplündert, 14 Menschen fielen bei all den Wirren bis Juni 1814 dem Nervenfieber zum Opfer.

 

Die Sturmperiode 1848/49 ließ Taura ebenfalls nicht unberührt. August Peters, am 4. März 1817 in Taura geboren, beteiligte sich aktiv an der Revolution und wurde nach deren Niederlage zu sieben Jahren Kerkerhaft verurteilt. Peters - als revolutionärer Dichter und Demokrat - war in seiner Haft schriftstellerisch tätig. Da das unter seinem bürgerlichen Namen nicht möglich war, wählte er den Schriftstellernamen "Elfried von Taura". Als er 1856 begnadigt wurde, suchte er erneut Taura auf und besuchte seinen Freund, den Lehnrichter Müller. 1864 starb Peters in Leipzig, erst 47 Jahre alt.

 

Die Entwicklung zum Industriedorf begann zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Neben dem Leineweberhandwerk entwickelte sich die Strumpfwirkerei. Bis zum Jahre 1840 arbeiteten in Taura 120 Strumpfwirker mit 36 Gesellen und 20 Lehrlingen. Gegen 1860 wurde sodann die Strumpfwirkerei von der Handschuhindustrie zurückgedrängt.

 

Bei Arthur Beil lesen wir:

"...Ein Jahrhundert hielten sich die Tauraer Meister zur Peniger Innung. Im Jahre 1857 trennten sie sich von ihr, um eine selbständige Körperschaft zu bilden. Die Veranlassung dazu mag die Umgestaltung der Gerichtsbarkeit gegeben haben. Bis zu dem Zeitpunkt war Taura den Amte Penig unterstellt gewesen, jetzt wurde es bei der Aufhebung der Herrschaftsgerichte dem Gerichtsamte Burgstädt überwiesen. Die Trennung von der Peniger Innung geschah ganz friedlich, da letztere der Lösung nichts in den Weg legte ... Die nächste Zeit beschäftigte man sich mit der Einrichtung der neuen Innung, die man ganz nach den hergebrachten Formen aufbaute mit der Gliederung: Meister, Gesellen, Lehrlinge, mit deren Bestätigungen: Meisterrechterwerben, Lossprechen und Aufdingen. Dazu gehörte weiter die Aufstellung der zu erhebenden Gebühren, die man anderwärts für Meisterkinder und fremde Eintretende verschieden abstufte. Wie in Penig legte man auf die Einrichtung der Sterbekasse den größten Wert, um den Hinterbliebenen eine bescheidene Beihilfe zu den Bestattungskosten gewähren zu können. Als äußeres Zeichen des neuen Verbandes wurde eine Fahne beschafft, die bei jedem Auftreten in der Öffentlichkeit, insbesondere bei Beerdigungen, mitgeführt wurde.

 

Zum weiteren Inventar ließ man eine Innungslade aus Nussbaumholz herstellen, in der man die beiden Handwerkssiegel, die Gesetzbücher und die übrigen Handwerksbücher aufbewahrte. Die Errichtung einer Strumpfwirkerherberge im Orte, wozu man obrigkeitliche Zustimmung einzuholen hatte, lehnte indessen die Kreisdirektion 1857 aus Mangel an Bedürfnis und der Besorgnis ab, dass eine solche die Strumpfwirker zum Wirtshausleben verführen werde ...

 

Die Vierteljahresversammlungen, Quartale genannt, mussten aus Mangel an eigener Behausung bald in dem, bald in jenem Wirtshause abgehalten werden und verliefen in der hergebrachten Weise, dass vor der offenen Lade nach vorher abgelegtem Meisterstück das Meisterrecht erteilt, dass Lehrlinge nach beendigter Lehrzeit losgesprochen oder neue Zöglinge nach einer Probezeit, die vier Wochen nicht überschreiten durfte, aufgedingt wurden. Jeder Meister hinterlegte an solcher Tagung das Quartalsgeld.

 

Hatte man anfangs nur Meister des Ortes aufgenommen, so fanden gar bald auch solche der Umgebung Zutritt. 1865 erlegten 221 Meister und 14 Meisterwitwen das Quartalsgeld, das für jene je 25, für diese 13 Pfennige betrug ..."

 

Quelle: Taura und Köthensdorf-R. - Unser Heimatbuch – 1996